Autismusspezifische Besonderheiten

Zitate des Jungen Anders aus dem ECHSENKÖNIG


In den Kapiteln, die aus der Sicht des Jungen Anders geschrieben sind, werden die Gründe seiner autismusspezifischen Verhaltensweisen beschrieben. Auf dieser Seite finden Sie Zitate (Aussagen von Anders) aufgeführt.


Spezialwissen zu bestimmten Themen

S. 28: „Ich weiß viel. Besonders viel weiß ich über Echsen. Ich lese viel über sie. Zurzeit interessiert mich besonders der Komodowaran. Ich lese alles über ihn.“

S. 28: „Ich sammle auch Echsen. Ich habe Echsen aus Plastik, aus Stoff, aus Gummi und sogar eine geschnitzte, aus Holz. In meinem Regal zuhause stehen meine Echsen.“

Angst vor Neuem und Unbekanntem
S. 28: "Ich muss in diese neue Schule gehen, weil wir umgezogen sind. Ich wäre gerne in meiner alten Schule geblieben, dort kenne ich mich gut aus. Jetzt ist alles neu. Das gefällt mir nicht.“

S. 28: „…Trotzdem habe ich Angst, weil alles neu ist und ich nichts kenne.“

S. 45: „Ich mag es nicht, wenn sich die Dinge verändern.

S. 47: „Der Bus kommt zwei Minuten zu spät, was mich sehr beunruhigt. Ich mag es nicht, wenn die Dinge nicht pünktlich sind. Ich mag es nicht, wenn es anders kommt, als es im Plan steht. Wozu gibt es denn Pläne?“


Besondere Detailwahrnehmung
S. 28: „Auf einmal kommt ein grüner Pullover herein in dem eine stockdünne Frau steckt. Auf ihrem Kopf sind kurze Feuerhaare, also rot.“
S. 29: „Ihr Gesicht ist dreieckig, mit einer Spitze unten, da wo das Kinn ist. Der grüne Pullover sagt: 'Komm', und wir gehen durch die Dunkelflure.“
S. 29: „Aber da ist eine Stimme, die sagt: ‚Guck doch mal her.‘ Und ich gucke.“

Schwierigkeiten im Sozialkontakt, im Blickkontakt, beim Hand geben
S. 28/29: „Ich muss der Person die Hand geben und sie kurz ansehen. Ich hasse das, aber ich tue es trotzdem, denn es gehört zur Höflichkeit, sagt meine Mutter. Ich gucke nicht in die Augen der Feuerkopffrau, sondern auf ihre Stirn. Das ist einfacher.“

Licht- und Geräuschüberempfindlichkeit, auch Überreizung durch ungefilterte Wahrnehmung
S. 28: „Der erste Raum, in den ich komme, hieß Sekretariat. Dort muss ich mich auf einen Stuhl setzen und warten. Es ist sehr ruhig hier, was mir gefällt, denn meine Ohren vertragen keinen Lärm.“

S. 29: „Aus den Klassenzimmern dringt Lärm zu mir, aber aus einem dringt ganz besonders unbeschreiblicher Lärm heraus und grelles Licht. Ausgerechnet in diesen Raum muss ich hinein.“

S. 29: „Angst ist in mir. Mindestens Angstlevel 7 von 10. Durch den Türschlitz kommt Licht auf mich zu. Viel zu hell für mich. Meine Augen vertragen kein helles Licht. Auch die Geräusche sind zu laut für meine Ohren. Trotzdem gehe ich hinein.“

Ausführen ungewöhnlicher Handlungen und Geräusche, um sich zu beruhigen
S. 29: „Die Flure sind lang und die Schuhe der Frau machen ‚Klock-klock‘ auf dem Boden. Das hört sich gut an."

S. 29: „Die Türklinke macht ‚Klock-klock‘ beim Hinunterdrücken. Ein angenehmes Geräusch.

S. 29: „Ich stehe in dem Raum und habe Angst, wieder in einem hohen Level und bin so aufgeregt. Ich drücke zur Beruhigung mehrfach die Türklinke, weil ich das schöne ‚Klock‘ hören will. Klock-Geräusche beruhigen mich. Dann ist die Angst nicht so groß. Das Klock-Geräusch hört sich wiederholgut an.“

S. 47: „Der Bus ist nicht zuverlässig. Es regt mich so auf, dass ich hüpfen muss. Aber Hüpfen ist nicht so unmöglich wie zum Beispiel Brummen oder Fauchen. Wenn ich brumme oder fauche, sagen die anderen meistens: Hör auf. Das nervt.“


Blockaden im Verstehen und im Handeln bei sinnlicher Überreizung und Angst
S. 29: „Im Raum erkenne ich nichts, weil alle so schnell hin und her laufen. Es sind viele Kinder. Ich kann auch nicht verstehen, was sie sagen, denn sie sprechen alle gleichzeitig.“

S. 29: „Ich stehe neben der Frau. Sie sagt viele Wörter. Aber ich verstehe vor Aufregung den Sinn nicht. Ich soll etwas tun, denn alle gucken zu mir und warten auf etwas. Ich weiß aber nicht, was ich tun soll.“

S. 30: „Die Frau redete blablabla. Ich verstehe wieder nichts. Sie zeichnet Striche an die Tafel. In meinem Kopf wirbelt alles durcheinander, die Sprache der Frau und die vielen bunten Bilder an den Wänden.“

S. 30: „Die Augenglasträgerin redet plötzlich auch blablabla. Ich verstehe wieder nicht, nur ein Wort: Regenjacke. Warum sagt sie ‚Regenjacke‘?"

S. 46: „Auf einmal ist sie wieder neben mir. Der Kies auf dem Weg knirscht steinchengut und die Sonne leuchtet orange und sehr intensiv. Zu hell. Dazu kommt der Geruch der Blumen und der Kirschen und des Mädchens und ihr blablabla und alles zusammen verwirrt mich so, dass ich nicht verstehe, was sie mir sagt.“

S. 30: „Auf einmal verstehe ich doch. Ich soll mich neben die Augenglasträgerin setzen. Ich will losgehen, aber ich kann mich nicht bewegen. Ich weiß nicht, wie ich meine Beine heben und bewegen soll. Das ist eine furchtbare Sache.“

Abwehr von sozialer Berührung, vor allem bei nicht selbst initiierter Berührung

S. 30: „Und dann fasst sie mich an. Das ist gar nicht gut. Sie soll mich besser nicht anfassen. Ich mag das nicht.“

 

Zwanghaftes Ausführen eigener Vorhaben und Pläne

S. 30: „Da ich mir vorgenommen habe, den Raum als Erster zu verlassen, weil ich das ‚Klock‘ der Türklinke unbedingt noch einmal hören will, verlasse ich ihn auch als Erster.“

 

Sachlicher Umgang mit emotionalen Gegebenheiten
S. 45: „Großvater starb genau 472 Tage, nachdem mein Vater nach Sydney in Australien umzog. Meinem Großvater geht es gut hier auf dem Friedhof. Es ist sehr ruhig und niemand stört ihn.“

S. 45: „Donnerstag ist Friedhofstag.“

Rigides Einhalten von einmal gelernten Regeln, mangelnde Flexibilität
S. 46: „Kirschen gehören nicht an die Ohren! Sie gehören in eine Schüssel oder in den Mund.“

S. 46: „Offensichtlich weiß sie nicht, dass Kirschen nicht an die Ohren gehören und dass Lebensmittel kein Spielzeug sind. Ich sage es ihr.“

S. 47: „Ich mag es nicht, wenn es anders kommt, als es im Plan steht.“

Nichterkennen einer Person bei deren verändertem Aussehen
S. 45: „Auch wenn sich Personen plötzlich verändern, zum Beispiel wenn sie sich etwas an die Ohren hängen oder eine andere Frisur haben als am Tag davor. Ich erkenne sie dann häufig nicht wieder. Das tut mir leid, aber es ist so.“

S. 46: „Ich sehe Augengläser mit zwei Ohren, so wie das Augenglasmädchen welche hat. Oben auf dem Kopf sind brauen Kringelhaare, so wie bei dem Augenglasmädchen. Aber die Kugeln an den Ohren stimmen nicht und passen nicht dazu.“

Ungewöhnliche Essgewohnheiten
S. 46: „Ich mag keine Kirschen. Ich esse keine roten Sachen. Keine Kirschen, keine Tomaten, keine Erdbeeren und alle weiteren roten Lebensmittel auch nicht.“

Schwer zu unterdrückender Reiz, etwas das einem gefällt, unbedingt anzufassen
S. 46: „Ich stehe vor dem Augenglasmädchen, betrachte ihr braunes, lockiges Haar. Es ringelt sich in der Sonne. Sehr schön sieht das aus. Ich möchte hineingreifen du greife hinein. Es fühlt sich gut an.Lockenkringelhaar und Augengläser.Gut. Aber die braunen Augen starren mich an. Das irritiert mich und ich gehe weg.“

 

Freude an schön klingenden Wörtern, Sätzen oder Stimmen, auch an Wortneuschöpfungen
S. 30: „Die Stimme der grünpullovrigen Frau Seefeert mit vier ‚e‘ ist hoch, etwas schnarrend und so nachmachgut, dass ich es probiere.“

S. 47: „Lockenkringelhar und Augengläser. Das sind zwei Wörter, die einen guten Klang haben. Ich spreche sie leise im Kopf.“

S. 46: „Der Kies auf dem Weg knirscht steinchengut.“